Social Media – KPI und Analysetools Teil 3

Oliver Schiffers am 5. October 2009 um 14:02

Kategorien von Kennzahlen und Metriken

Die Probleme der Messbarkeit und Analyse im Bereich von Social Media sind vielfältig. Häufig sind sich Unternehmen und Agenturen der oben beschriebenen Ziele und Ausgangspunkte für Strategien gar nicht bewusst, oder sie sind nicht dokumentiert und können in beiden Fällen nicht gemessen werden und zu einer Optimierung späterer Maßnahmen beitragen. Im Kontrast zu diesen Fällen, in denen keine Kennzahlen benutzt werden, steht das Ãœberangebot und die mangelnde Vergleichbarkeit und Kategorisierung derjenigen Kennzahlen, die von Toolherstellern und verschiedensten Verbänden etabliert werden. Auf dem IPR Summit on Measurement in Portsmouth im Oktober 2008 wurden alleine 30 (inzwischen deutlich mehr) Anbieter ausgemacht, die Services und Tools zur Messung von Social Media anbieten – alle mit den verschiedensten Verfahren und Metriken.

Der von Marketingverantwortlichen oft gemachte Vorwurf, dass der Erfolg von Social Media nicht messbar und der Bereich daher im Marketing nur wenig akzeptiert sei, kann also nicht alleine in der fehlenden Existenz von Kennzahlen und Messungen begründet sein. Es ist eher zu vermuten, dass eine allgemeine Unkenntnis und Skepsis gegenüber den Messverfahren, fehlende Vergleichbarkeit mit bekannten Marketing Kennzahlen und fehlende Erfolgsdefinitionen zu diesen Aussagen führt.

Daher sollen nun anhand der dargestellten Ziele Kategorien für Kennzahlen beschrieben werden, denen mögliche wichtige KPI zugeordnet und kurz beschrieben werden.

Reichweite

Eine wichtige Kennzahl, die von der AG Social Media vorgeschlagen wurde[1], war der Share of Buzz, der als Messung den Anteil der Konversationen in einem bestimmten Topic oder Themengebiet eines Channels beschreibt, der sich tatsächlich um die Produkte oder die Marke des jeweiligen Anbieters dreht. Weiter gefasst kann es sich hier auch um Produktbereiche handeln, wenn z.B. ein Hersteller von Netbooks über den Share of Buzz herauszufinden versuch, welcher Prozentsatz der Konversationen, die sich um mobile devices dreht, jeweils von Smartphones, Netbooks und Palmphones abgedeckt wird. Sicherlich sind neben solchen Kennzahlen, die einen Anteil von Messungen (= Metriken) beschreiben, auch noch absolute Metriken für Reichweite wichtig, wie die Gesamtanzahl von Autoren und Posts zu einem Thema, die Anzahl der Kommentare und Kommentatoren sowie die Kennzahl erweitere Reichweite, die ebenfalls von AG Social Media erarbeitet, nicht nur die Anzahl von Posts, sondern auch die Qualität dieser Reichweite, also die potentielle Zuhörerschaft (der Follower, Connections usw.) berücksichtigt. Die Reichweite kann aufgrund der Weiterleitungen usw. auch in verschiedenen Generationen beschrieben werden, als originäre Sender, 1. Generation der Weitergabe usw.[2]

Ebenfalls wichtig bleiben klassische Reichweitenzahlen wie Unique Visitors[3], im Gegensatz beispielsweise zur fallenden Bedeutung der Page Impression die selbst für Onsite Angebote nicht mehr hinreichend die einfachste Dimension der Reichweite beschreiben kann.
Netzwerkverhalten

Die Untersuchung des Netzwerkverhaltens stellt sicherlich den bedeutendsten spezifisch auf Social Media bezogenen Kennzahlenbereich dar. Da hier die Erzeugung und Weiterverbreitung von neuen Inhalten gemessen werden, entstehen hier spezifische KPI wie z.B. das Volumen des User generated Content.  Auch die Weiterverbreitung der Inhalte, die entweder dem UGC zugeschlagen werden oder „seeded“ sind, also vom Unternehmen platziert wurden, können durch die Kennzahl Viralität allgemein im Zeitverlauf oder anhand der Anzahl unterschiedlicher Orte / Platzierungen im Zeitverlauf beschrieben werden. Hierbei kann je nach Medientyp und Tool sogar zwischen Viralität durch Weiterverbreitung und Viralität durch Derivate / Zitate unterschieden werden. Wenn umfangreiche Metadaten zur Beschreibung der Initiativen, Platzierungen, Orte angewendet werden, lässt sich sogar eine mögliche Steuerung oder Beeinflussung der Geschwindigkeit der Weiterverbreitung analysieren und nutzen. Hierzu ist es auch wichtig, weitere Kennzahlenkategorien wie Location und Nutzer mit einzubeziehen und die Verbindungen zwischen den Orten und agierenden Nutzern zu analysieren.

Kennzahlen für einzelne netzwerkrelevante Handlungen beschreiben weiter die Häufigkeit von Forwards, Embedds und Kommentaren / Ratings. Im Bereich der sozialen Netzwerke ist ein weiterer wichtiger Faktor die Freundschaftsrate, das Hinzufügen neuer Freunde sowie im Gegenteil hierzu die Löschrate. Gemessen wird außerdem die Einladung neuer Mitglieder, die für die Gesamtcommunity einen noch höheren Stellenwert hat. Ebenfalls gehören hier die Einrichtung neuer Gruppen und Foren sowie Events zu relevanten netzwerkbildenden Handlungen, deren Häufigkeit und Rate in Kennzahlen abgebildet werden kann.

Die aus Markensicht wichtigste Kennzahl in dieser Kategorie ist die Advocacy, die Messung der Verteidigung oder Unterstützung bestimmter Themengebiete , Marken oder Produkte. Ihre klare Abbildung eines strategischen Zieles und die starke Abhängigkeit und Korrelation mit Kennzahlen aus den Kategorien Nutzer und Sentiment machen sie nicht nur in Bedeutung sondern auch in Nutzungshäufigkeit und gesamter Analyserelevanz zu einer prägenden Kennzahl im Bereich Social Media.

Location

Der Ort von Engagement, Konversationen und Advocay sowie anderer relevanter Aktionen wird häufig analysiert, um besonders geeignete Netzwerke, Blogs, Communities oder Multiplikator-Sites zu identifizieren, an denen sich ein weiteres Engagement oder ein zukünftiges Seeding lohnt., Hierbei wird natürlich die Site selbst beschrieben, oder weiter runtergebrochen in einzelne Gruppen oder Foren. Auch die Metadaten dieser Locations, wie Gesamtpopulation, Nutzungshäufigkeit, Awareness sowie Zielgruppenrelevante Informationen dienen der weiteren Analyse. Besonders sinnvoll sind die Location Informationen und Metadaten hauptsächlich im Zusammenhang mit Metriken aus den anderen Kategorien (vor allem Engagement, Nutzer und Netwerkverhalten) und beschreiben dann eher ein Analyseergebnis als eine eindeutige Kennzahl: Beispielsweise die Antwort auf die Frage Auf welchen Sites und Foren war der Engagement KPI besonders hoch oder die Advocacy überdurchschnittlich.

Außer der bereits zitierten AG Social Media und der WOMMA (Word of Mouth Marketing Association) hat sich die IAB (Internet Advertising Bureau) in einem Whitepaper mit der Kategorisierung und Ausformulierung von Kennzahlen für Social Media, in diesem Falle Social Media Ad Metriken beschäftigt. Von der IAB wird die Conversation Density[4] also der Anteil von Konversationen zu einem Thema im Verhältnis zur Gesamtzahl der Konversationen an diesem Ort als ein weiterer wichtiger Faktor bei der Analyse der Location beschreiben, um deren Gesamtrelevanz zu bestimmten Themengebieten zu messen.

Sentiment

Die Analyse von Beiträgen, Kommentaren oder ganzen Artikeln im Bezug auf Ihre Tonalität kann toolgestützt oder manuell erfolgen. Hier geht es zunächst einmal um die Erfassung positiver oder negativer Stellungnahmen zu Themen oder Produkten, z.B. als Kritik oder Lob und Empfehlung. Insofern ist die Sentiment-Analyse ein wichtiger Ausgangspunkt für weitere Kennzahlen, bildet aber auch einen eigenen Satz von KPI, wie Anteil positiver/negativer Beiträge oder Kommentare. Ebenso kann beispielsweise die Anzahl von Kommentaren je Tonalität erfasst werden um zu ermitteln ob eine Reaktion oder Initiative auf negativen Sentiment überhaupt lohnenswert ist.

Sentiment Kennzahlen sind nicht zuletzt hervorragende Vergleichsinstrumente für Einfluss und Effekt bestimmter Handlungen oder Initiativen, um zu belegen, dass nach einer Initiative der Anteil negativer Beiträge zurückgegangen ist.

Engagement

Die alleinige Messung und Erfolgskontrolle anhand von Reichweite ist inzwischen weder für Werbetreibende, noch für die Monetarisierung von Inhalten ein nachhaltiges Konzept. Auf Abrechnungsseite setzen sich CpX Verfahren bis hin zu Cost per Lead oder gar Customer Lifetime Value Ansätze langsam durch und zur Bewertung des Erfolg von Onsite Maßnahmen hat sich das Engagement Konzept als geeignet erwiesen. Engagement ist auch auf die Erfolgsmessung und Kennzahlendefinition von Social Media Initiativen übertragbar, da ein Engagement KPI die Frage beantwortet: Welchen Anteil wichtiger und prägender Aktionen und Auseinandersetzungen hatten meine Nutzer mit den zur Verfügung gestellten Inhalten und Medien? Im Detail geht es darum, mehrere wichtige Aktionen des einzelnen Nutzers zu erfassen und damit abzubilden, dass der einzelne Nutzer, und im Endeffekt der Durchschnitt aller Nutzer, beispielsweise ein Engagement von 60% hatte, wenn 3 von bspw. 5 dieser Engagement-Aktionen durchgeführt wurden. Diese Aktionen sind natürlich je nach Initiative und Site verschieden und es muss einzeln festgelegt werden, aus welchen und wie vielen Anteilen sich ein Engagement zusammensetzt.

Hier können einzelne Funktionalitäten definiert werden, die eine Applikation in einem Sozialen Netzwerk anbietet, es können Teilnahmen an Wettbewerben oder Spielen sein, Downloads oder Einlösungen von Coupons, Videos, die angesehen werden, abonnierte Newsfeeds usw.  Bei der Definition ist es nur wichtig zu beachten, dass Aktionen für das Engagement herangezogen werden, die mehr als nur eine oberflächliche Auseinandersetzung mit dem jeweiligen Medium oder Inhalt belegen. So wäre es z.B. möglich bei einem Spiel nicht den Start des Spiels sondern das Erreichen eines Levels oder gar den Abschluss der Gewinnrunde, bei einer Applikation nicht nur das oberflächliche Ausprobieren sondern die tatsächliche Nutzung als Engagement Komponente zu definieren.

Da der Engagement KPI eine tiefere Auseinandersetzung beschreiben soll, erscheint es auch sinnvoll, parallel oder zusätzlich eine Zeitkomponente zu definieren, die diese Tiefe auch anhand einer überdurchschnittlichen Verweildauer belegt. Aus der klassischen Onsite Web Analyse bietet sich hier die Verwendung einer Visit Metrik namens Stickiness oder Time spent an. Sie beantwortet die Fragestellung: Wie lange setzt sich der Nutzer mit den zur Verfügung gestellten Inhalten oder einer Applikation auseinander?

Natürlich kann Engagement auch über die Medien und Inhalte des Social Media Bereich hinausgehen und wieder zurück auf die eigene Site des Unternehmens gelenkt werden. Insofern sind auch klassische Lead oder Click-Through Metriken sowie Conversions auf der eigenen Site, die ihren Ursprung aus Social Media Inhalten oder Verweisen hatten, zu den Engagement Kennzahlen zu rechnen. Es ist in vielen Fällen sinnvoll, zusätzlich zum Engagement KPI auch zu erfassen welcher Anteil der Nutzer überhaupt interagiert haben[5], da sich so z.B. ein Engagement Faktor von 70% anhand einer Gesamtinteraktionsrate von 10% wieder relativieren würde, und ein Engagement von nur 40% bei 80% Interaktionsrate wieder besser zu bewerten wäre.

Nutzer

Die Beschreibung des Nutzers dient zwei wesentlichen Funktionen, die jeweils strategischen Zielen oder Folgehandlungen zugeordnet sein können: Die Identifikation geeigneter Multiplikatoren oder wertvoller Individuen, die in Informationsprozesse oder sogar Produktentwicklungen einbezogen werden können. Zum zweiten dienen Informationen über den Nutzer dazu die erreichte Zielgruppe zu belegen oder zu überprüfen.

Für die erste Variante wird of von den sogenannten Influencers innerhalb sozialer Netze, Konversationen oder Foren gesprochen. Das sind diejenigen Nutzer, die definierbar einen hohen Einfluss auf die anderen Nutzer haben sollten, da sie sich beispielsweise als Experten in einem Thema etabliert haben und darüber hinaus von den anderen Nutzern aufgrund Ihres Einsatzes und Enthusiasmus in einem Themengebiet hochgeschätzt werden. Oft wird nicht nur diese eine Ausprägung analysiert sondern die Zuordnung der Nutzer zu weiteren Segmenten vorgenommen, beispielsweise Influencers, Connectors, als diejenigen die Themengebiete auch zwischen einzelnen Communities und Netzwerken transportieren, Authoritarians, die sich von den Influencern durch eine geringere Reichweite oder Zuhörerschaft definieren, aber eine noch gewichtigere Stimme im jeweiligen Themengebiet haben, und zuletzt das vielleicht wichtigste Segment für Markenunternehmen und Produkthersteller, die Advocates welche direkte Empfehlungen aussprechen oder einen hohen Anteil ihrer Kommunikation einem bestimmten Produkt oder einer bestimmten Marke widmen und sich gerne in andere Konversationen zu diesen Themen einschalten.

Auf den Nutzer bezogen sollte außer diesen Segmenten, die Verhalten und Stellung im Netzwerk beschreiben, auch der Impact analysiert werden: Welchen Einfluss habe meine Inhalte, Medien und Themen auf den Nutzer? Wie verwendet er den zur Verfügung gestellten Content? Welchen Anteil relevanter Konversationen oder Verlinkungen zu relevanten Konversationen erzeugen und beeinflussen die vom eigenen Unternehmen platzierten Medien und Assets? Einen Zusammenhang oder Compound KPI aus Impact und Influencer lässt sich beispielsweise bilden, wenn der Anteil derjenigen Installationen von bspw. Widgets oder Applikationen gemessen wird, der innerhalb des Netzwerkes/Freundeskreises eines potentiellen Influencers erfolgt, nachdem dieser selbst installiert hatte.

Der zweite große Bereich der Analyse und Beschreibung des Nutzers dreht sich um Kennzahlen der Beschreibung von Zielgruppen. Quantitativ wird in diesem Bereich vor allem erhoben, welcher Anteil der aktivierten Reichweite auch einer bestimmten Zielgruppendefinition zugeordnet werden kann. Genauer wird es, wenn auch Aussagen getroffen werden können, wie hoch der Anteil einer relevanten Zielgruppe in den jeweiligen durch besonders hohe Engagement KPI oder Netzwerkverhalten KPI erfassten Segmenten war.

Qualitativ wird die erreichte Zielgruppe, wie in den klassischen Marketingkennzahlen auch, anhand demographischer Daten oder Milieubeschreibungen/-zuordnungen beschrieben.

Wertsteigerung

Die Messung und Erfassung der Wertsteigerung durch Social Media Initiativen ist komplex und daher weniger anerkannt, mehr als 55% der Verantwortlichen für Social Media messen keinen Return on Investment ihrer Initiativen[6] und geraten so eventuell gegenüber klassischen Initiativen, die einen ROI einfacher belegen könnten in Erklärungsnöte. Laut Forrester messen im Bereich der Social Media Applications sogar weniger als die Hälfte den ROI.[7]

Für manche Initiativen ist es dennoch möglich, eine Wertsteigerung zu belegen, im einfachsten Falle durch einen Vergleich der Abverkaufszahlen in folgenden Zeiträumen oder durch die Belegung von Leads und Conversions aus dem Social Media Channel. Sollte dieser direkte Beleg notwendig sein, müssen im Bereich der Funktionalitäten und Datenerfassung spezielle Vorkehrungen getroffen werden, auf die später noch kurz eingegangen wird.

Ebenso wie die Ziele sollte der ROI nicht hauptsächlich an den klassischen Erfolgmetriken des Marketings ausgerichtet werden, sondern vielmehr an denen des Customer Service oder CRM. Denn auch hier spielen zum Beispiel Kostenersparnisse, Kundenzufriedenheit oder Kundenbindung in der Erfolgsmessung eine größere Rolle als direkt messbare Einflüsse auf Leads, Conversions und Abverkäufe.

Im Whitepaper der WOMMA[8] werden folgende Hauptmetriken genannt, die zur Messung von Kosteneinsparungen geeignet sind:

  • Einsparungen im Bereich Produktqualität und Forschung/Entwicklung
  • Einsparung bei den Aufwänden des “Time to market”
  • Direkte Kosteneinsparungen in anderen Service und Support Bereichen

Eine dritte Möglichkeit ist eine nachträgliche Wertzuweisung, also Monetisierung der nicht bereits mit einem Wert versehenen Handlungen anhand Messung und Vergleich anderer wertiger Ereignisse wie Leads, Conversions, Average Sale und Customer Lifetimevalue. In diesem Zusammenhang bedeutet Monetisierung, dass versucht wird, anderen Aktionen oder Bereichen einen monetären Wert zuzuordnen, meistens im Vergleich zu bereits monetär erfassten Ereignissen, vermiedenen Kosten oder anderen vorhandenen Erfahrungen. Auch eine Relation zu weiteren Ereignissen, die Werte oder Kosteneinsparungen bedeuten, kann vorgenommen werden. So könnte beispielsweise ein Influencer eine Wertzuweisung erhalten, die einen Anteil seiner Netzwerkreichweite/Vernetzung mit dem üblichen Customer Lifetime Value multipliziert. Alternativ könnten auch die klassischen Kosten einer Leadgenerierung einen Anhaltspunkt zur Wertzuweisung liefern.

Auch der Wert von Konversationen über Produkte und Marken oder Veränderungen in diesen Unterhaltungen sollte auf diese Art beziffert werden, eine Näherung ist auch hier immerhin besser, als keine Kennzahlen im finanziellen Bereich vorzuweisen. Auch kann berechnet werden, wie viel ein Steigen der Aufmerksamkeit und Engagement innerhalb der klassischen Marketing-Formel von Aufmerksamkeit – Interesse – Wunsch – Aktion (AIDA = Attention – Interest – Desire – Action) bedeuten kann.

Zuletzt ist es für die Wertzuweisung sinnvoll, den Wert von Empfehlungen nicht nur anhand des Customer Lifetime Value zu bestimmen: Zwei Kunden können jeweils den gleichen CLV haben, aber im nächsten Schritt der Empfehlungskette ist einer der beiden zufrieden und empfiehlt das Produkt an X Freunde weiter, der andere ist unzufrieden und rät X Freunden, die eigentlich das gleiche Produkt kaufen wollten, davon ab. Das Net Promoter® Economics Modell[9] stellt KPI und Messverfahren für diese Kennzahl des Kunden- und Advocacy Wertes zur Verfügung.


[1] Zum Measurement Summit der AG Social Media am 17.2.2009 vgl. unter anderem W&V online vom 19.2.2009 unter http://www.wuv.de/nachrichten/digital/social_media_waehrung_wird_diskutiert

[2] Gaurav Mishra: WOMMA Guidebook on Measurement and Metrics for Word of Mouth Marketing. May 29, 2009.

[3] Forrester: „Metrics for Social Applications in a Downturn“ by Josh Bernoff, October 17, 2008

[4] IAB: Social Media Ad Metrics Definition. May 2009. (http://www.iab.net/media/file/SocialMediaMetricsDefinitionsFinal.pdf)

[5] Vgl. IAB 2009

[6] Global Social Application Measurement Summit, Mai 2008

[7] Vgl. Forrester Mai 2009

[8] Vgl. WOMMA Mai 2009

[9] Vgl. WOMMA Mai 2009

Social Media – KPI und Analysetools Teil 2

Oliver Schiffers am 17. September 2009 um 15:16

Struktur möglicher strategischer Ziele im Social Web

Es ist aus verschiedenen Gründen notwendig, eine Definition von Kennzahlen jeweils aus strategischen Zielen von Kampagnen herzuleiten

  • Die Kennzahlen begründen in den jeweiligen Unternehmen und Agenturen die Erfolgsmessung. Wenn sich diese Messung und das Reporting nicht auf Ziele beziehen, die vorher festgelegt wurden, verblasst die Aussagekraft der Erfolgsmessung zu einem reinen Zahlenspiel, das sich an marktgängigen oder vergleichbaren Zahlen orientieren mag, aber für die Zielsetzungen des jeweiligen Unternehmens oder der jeweiligen Kampagne nicht von Bedeutung ist.
  • Optimierungen folgender Initiativen mit ähnlichen oder abgeleiteten Zielen können nur dann vorgenommen werden, wenn die Kennzahlen sich auch an den Zielen orientiert haben. Eine Verbesserung einzelner Taktiken oder Funktionalitäten von Social Media Kampagnen ist dann unmöglich, wenn die Zahlen im Bezug auf die Ziele nicht vergleichbar sind. Ist das Ziel z.B. eine Weiterleitung auf Websites des Unternehmens mit definierten Conversion Ereignissen auf diesen Websites, kann der Effekt der Veränderung von Social Media Strategien nicht gemessen werden, wenn nur Reichweiten und Profilrelevante Kennzahlen erfasst werden.
  • Die Akzeptanz von Kennzahlen und Reportings steigt in Unternehmen mit deren Orientierung an Zielen von Maßnahmen. Es ist in vielen Fällen aufwendig und schwierig diese Ziele mit den jeweiligen Verantwortlichen zu erarbeiten, da sich oft gerade eine umgekehrte Haltung zeigt: Die Ziele werden aus denjenigen Kennzahlen abgeleitet, die man überhaupt erheben kann oder die von Agenturen erhoben werden.
  • Strategien und Taktiken verschiedener Social Media Initiativen sind ebenso Neuland und im Aufbau begriffen, wie die Kennzahlen selbst. Es ist daher sinnvoll auch im Bezug auf die Taktiken bei den Zielen anzufangen und geeignete Instrumente auszuwählen und zu diskutieren, um sie zu erreichen. Wenn diese Herleitung vernachlässigt wird, begibt sich das jeweilige Unternehmen oder die Agentur  in die Gefahr, sich zu sehr auf ausgetretenen Pfaden zu bewegen, die einem etablierten Portfolio oder Best Practices entstammen, die aber nichts mehr mit dem individuellen Ansatz des jeweiligen Unternehmens zu tun haben.

Auch die generelle Unzufriedenheit von Marketing-Verantwortlichen mit Kennzahlen und Meßmethoden im Online Marketing[1] würde sich dann nicht grundlegend ändern, wenn Kennzahlen zwar einheitlich standardisiert würden, aber dann nicht in der Lage wären neue, individuelle oder abgewandelte Online-Marketing Strategien zu erfassen. Es erscheint also angebracht, das Thema der Kennzahlen zweigleisig zu betrachten: Auf der einen Seite sollten Messverfahren und Kennzahlen etablierter nationaler und internationaler Verbände dann verwendet werden, wenn die Vergleichbarkeit von Initiativen geboten ist. Es ist jedoch wenig zweckmäßig, die Verfahren dieser Institutionen dann anzuwenden, wenn gar keine Benchmarking- oder Vergleichszahlen zur Verfügung gestellt werden. Auf dem zweiten und wichtigeren Gleis sollten die Kennzahlen zu eigenen Verfahren und Initiativen immer an deren Zielen ausgerichtet sein, um die interne Erfolgsmessung und vor allen Dingen ständige Optimierung zu untermauern. Hierzu eignen sich die standardisierten Zahlen der Verbände nur dann, wenn die durch sie abgebildeten Ziele auch wenigstens Teilziele der eigenen Initiativen sind.

Ein Blick auf mögliche Ziele zur Definition von Kennzahlen und Verfahren sollte bei den bereits etablierten Modellen aus dem Bereich Web Analytics zur Erfolgsmessung von Onsite Maßnahmen und Online Marketing beginnen. Für Website zentrierte Online Strategien und auf diesen Strategien basierende Kennzahlen, hat sich in den letzten zehn Jahren bereits eine Klassifikation von Strategie-Zielen herausgebildet, mittels der die jeweiligen taktischen Ziele und Kennzahlen in die online abgebildeten Funktionsbereiche des jeweiligen Betreibers strukturiert werden:[2]

  • Commerce (Analyse von Warenkörben, Conversions, Funnel und Umsätzen)
  • Customer Service (Analyse der Effizienz von Customer Support, Bereitstellung von Anleitungen, Treibern und typischer Problemlösungsmethoden mit Produkten)
  • Leadgenerierung (Analyse der Effektivität von Maßnahmen zur Qualifizierung und Weiterleitung von Leads)
  • Contenteffektivität (Vornehmlich im Bereich von Unternehmen, die eigene Umsätze aus Werbeschaltungen auf selbst produzierten oder eingekauften Inhalten erzielt)
  • Parallel hierzu wird die Effektivität von Online Marketingmaßnahmen jeweils im Bezug von Mitteleinsatz (Anzahl Werbemittel oder Kosten) zu Effektivität (Conversions d.h. Handlungen der Nutzer in einem der oben genannten Zielbereiche oder zumindest Akquise einer Eingangsmenge von Nutzern zu diesen Handlungsmöglichkeiten) gemessen.

Es scheint nicht sinnvoll, die Ziele von Strategien im Social Web zu nah an diesen vorhanden Ordnungen zu orientieren, da vor allem der e-Commerce und Marketing Bereich im Social Web von differenzierteren Taktiken geprägt ist und die klassischen Werbemodelle des Online Marketing aus Gründen der Nutzerakzeptanz oft nicht eins zu eins auf Angebote im Web 2.0 kopiert werden können. Es erscheint jedoch sinnvoll, das Modell der Conversions (oder besser der werthaften Handlungen von Nutzern) weiter zu verwenden und auch die möglichen Zielsetzungen der Leadgenerierung oder der Contenteffektivität in die Definition von Kennzahlenmodellen einzubeziehen.

Die Bereiche Commerce und Effektivität von Maßnahmen aus der obigen Aufzählung fließen in das sicherlich weiteste Feld der strategischen Ziele von Unternehmen im Bereich Social Media ein. Hier geht es im allgemeinen um eine Wertsteigerung, die versucht, einzelnen Handlungen oder Medien von Nutzern einen Wert für das Unternehmen zuzuordnen, Einsparungen zu erzielen und den Return on Invest zwischen den Kosten der Maßnahmen und diesen Werten sowie direkten Erlösen zu optimieren.

Im Contentbereich sprechen wir inzwischen nicht mehr nur von Medien, die von Unternehmen selbst erstellt werden (Owned Media = erstellt für die eigene Website) oder bei weiteren Anbietern eingekauft werden (Werbemittel = Bought Media). Hinzu kommen die verdienten Medien (Earned Media), die Unternehmen durch die Interaktion, Kommunikation, Uploads und Artikel von Internetnutzern erhalten, die sich mit ihrer Marke und ihren Produkten auseinandersetzen. Dieser neue Bereich von Medien muss durch ein vollständig neues Modell von Kennzahlen ergänzt werden, die in den verschiedensten Ansätzen die Rolle des aktiven und passiven Nutzer beschreiben und die jeweiligen Äußerungen, in Reichweite in Bezug auf ihre Tonalität, den Sentiment beschreiben zu versuchen. Die strategischen Ziele der Maßnahmen beziehen sich in Bezug auf diese drei Konzepte zumeist auf eine möglichst hohe Reichweite (evtl. in einem bestimmten Segment oder Zielgruppe), einen hohen Anteil positiver Äußerungen im Sentimentbereich. Auf die aktiven Nutzer bezogen, ist häufig die Identifikation und Beschreibung dieser Nutzer ein Ziel, um auf sie bezogene Handlungen oder Strategien überhaupt einleiten zu können.

Um das Netzwerkverhalten als eigentliches Asset innerhalb dieser verdienten Medien zu nutzen, werden häufig Ziele verfolgt wie

-        Die Identifikation möglichst gut vernetzter Nutzer

-        Eine hohe Empfehlungsquote unter diesen Nutzer

-        Ein möglichst hoher Wert als Einflussnehmer oder Experte oder als Zielgruppenmodell nicht nur für den einzelnen Nutzer  (dort abgedeckt), sondern auch innerhalb des Netzwerkes, das er erreicht, abzubilden

Auch der Begriff des Engagement, der für die Analyse von Onsite Content von Eric Peterson in seinem Blog ausformuliert und diskutiert wurde[3], sollte als mögliches Ziel in die Betrachtung miteinbezogen werden, da Engagement als sehr offenes Modell (das war einer der Hauptkritikpunkte) jegliche Form von Auseinandersetzung und Handlungsfolgen mit Online Assets beschreiben kann. Ein möglichst hohes Engagement oder einen möglichst hohen Anteil engagierter Nutzer anhand des zur Verfügung gestellten Contents oder allgemein innerhalb eines bestimmten Mediums zu erhalten, ist häufig ein Ziel, das mit detaillierter Beschreibung solcher Folgen von engagierten, werthaften Handlungen wie lesen, weiterleiten, nutzen, einbetten oder kommentieren usw. beschrieben und gemessen werden kann.

Eine Identifikation von Location ist für viele Unternehmen taktisches Ziel und Ausgangsbasis für weitere Handlungen. In diesem Bereich drehen sich die Methoden um die Identifikation geeigneter Orte und Kanäle für Initiativen, die verschiedenste Ausprägung (defensiv, kommunikativ, einbindend) haben können.

Ein Ziel von Social Media Initiativen ist sicherlich häufig die reine Verwendung von Assets in Sozialen Netzwerken als Mittel der Akquise. Bei dieser Form der eher taktischen Verwendung als Werbemittel für Onsite Abverkäufe oder Conversion werden die gleichen Kennzahlen wie für andere Online Marketing Kanäle verwendet, die eine eigene Gruppe von Zielen und Metriken bilden, aber keinen eigenständigen Wert der Medien beschreiben und daher hier nicht behandelt werden sollen.

Auch die Untersuchung der Marketing / Vertriebsmodelle Attention – Interest – Desire – Action die in Social Media eher durch das Modell Awareness – Activation – Conversation – Adocavy ersetzt werden könnten, sollen als messbares strategisches Ziel hier nicht betrachtet werden, obwohl die Einzelziele in der folgenden Kategorisierung von Kennzahlen abgebildet werden.


[1] A 2008 report by the Technology, Media and Telecommunications Industry Group of Deloitte Touche Tohmatsu noted that the Internet advertising industry has been criticized for poor research methods. Also, a survey conducted in Australia for the Australian Marketing Institute by research company Colmar Brunton in association with the University of New South Wales reported that, “…most senior executives are dissatisfied with the quality, timelines and depth of marketing metrics available to them.” — particularly with online media.

[2] Vgl. hierzu vor allem Sterne: Web Metrics. Wiley 2002

[3] http://blog.webanalyticsdemystified.com/weblog/2007/01/engagement-metric-defined-part-iv-in.html